Bienal Maravilha in Horta
Die Azoren haben sich durch ihre isolierte Lage weit draußen im Nordatlantik ihre
zurückgezogene, bedächtige oder geradezu langsame und sehr vorsichtige dabei aber
superfreundliche Lebensart erhalten. Hier ist keine Haustüre abgeschlossen und man kann sein
Auto überall offen rumstehen lassen. Man vertraut sich, lebt aber sehr zurückgezogen.
Interessant ist, dass allen Azoreanern geläufig ist in mehreren Sprachen zu sprechen und
Fremde zu akzeptieren, weil schon immer viele Seefahrer an dieser Inselgruppe vorbeikamen,
aber die Seefahrer nie lange genug blieben um die kulturelle Einheit zu gefährden. Der
auflebende Tourismus wirbelt inzwischen allerlei durcheinander. Es sind die vielen
Festlandportugiesen und die anderen Europäer, die die hohe Lebensqualität auf den Azoren
entdeckten, hierher zogen und ihre Ansprüche an eine moderne offene Lebensweise
mitbrachten und so vieles auf den Inseln umkrempeln. Darunter auch Teresa und Tomas, die
seit 4 Jahren ein Straßentheaterfestival in Horta durchführen, obwohl sie beruflich nichts mit
Theater zu tun haben. Sie folgen ihrer Idee, die Menschen aus ihren Häusern zu locken, um
sich im Rahmen ihres Festivals „Bienal Maravilha“ anders, frischer und unvorhersehbarer zu
begegnen. Ihnen geht es darum, Lust auf Kultur zu machen und darüber mehr Spontanität und
Lebendigkeit in ihre Wahlheimat, die Insel Faial zu bringen. Sie wählen für ihr Festival gezielt
Künstler aus, die im eigenen Boot über die Meere ziehen. Das viertägige Festival war eine
gelungene Mischung aus skurrilen, verrückten, schönen, klassischen, zirzensischen, abstrakten
und animativen Formen des Straßentheaters. Umrahmt wurden die Aufführungen von
Musikbands, gutem Essen sowie Workshops für den traditionellen azorianischen Rundtanz
“Chamarrita“, bei dem Jeder mit Jedem mal im Arm liegen konnte. Wir sind allen Seegöttern
dankbar dafür, dass uns die Winde 2700 Meilen weit rechtzeitig hierher getragen haben um
dabei gewesen zu sein. So genossen wir das Festival in vollen Zügen, hatten einen riesigen Spaß
beim Spielen und großen Erfolg bei den Zuschauern Wunderbar!!oder eben auf portugisisch:
Maravilha. SET SMILE
Eine Atlantiküberquerung mit Hindernissen
Am 11.Mai mittags zogen wir unseren Anker hoch und verließen die Karibik. Dieser Tag, der den
letzten Teil unserer großen Segelreise einleitete, ist beständig auf uns zugekommen und doch
war er ein Schock, denn nun galt es den Nordatlantik zu überqueren. Zuerst geht es nördlich
in einem weiten Bogen um die Sargassosee mit ihren großen Flauten gebieten herum, danach
geht es nordöstlich auf die Azoren zu. Wenn man dabei zu weit nördlich kommt, gerät man in die
Ausläufer der großen nordatlantischen Tiefdruckgebiete. Und so kam es denn auch. Nach der
ersten Woche mit schönstem Raumschottraumsegeln hingen wir schwitzend in einer großen
Flaute östlich von den Bermudas für zwei Tage fest. Der waren wir mit Hilfe unseres Motors
kaum entronnen als uns schon der erste Tiefausläufer mit heftigen Böen, wilden kreuz und quer
laufenden Wellen und einem imposanten Starkregen auf unsere Vitalkräfte hin untersuchte.
Den Regen nahmen wir dankbar an und leiteten in nur dreißig Minuten 170 l frisches gutes
Wasser in unseren Wassertank. Egal was uns auch immer noch auf dieser Fahrt passieren mag,
verdursten würden wir nicht! Allerdings waren wir mit dem Starkwind schon zu weit nördlich
geraten, dorthin, wo die Tiefs des Atlantik mehr Kraft haben und versuchen die Segelboote
tiefer in den Norden des atlantischen Ozean hineinzuziehen. Das Wetterfax kündigte auch
munter das nächste anrollende Tiefdruckgebiet an. Drei Tage später war es dann soweit. Es galt
adhoc Sturmsegeln zu lernen. Learning by doing! Freiwillig segelt man ja nicht in einen Sturm. Der
Sturm muss einen finden und dieser fand uns mit Spitzenwindgeschwindigkeit von 54 Knoten und
unglaublich hohen Wellen. Doch nach dem Durchzug des Tiefs kam es noch ungünstiger. Der
Wind war rückdrehend und so stand Gegenwind auf dem Programm. Er war zu stark um gegen
an zu segeln so dass wir beidrehen mussten. Nun drifteten wir auch noch Stunde um Stunde
zurück in Richtung Amerika. Es war zum Seekühe melken! PANG- ein kurzes hartes Geräusch
kündigte Ungemach an. Ein Teil unserer Windsteueranlage war zerbrochen. 10000 Meilen hatte
sie klaglos funktioniert, hat schweres Wetter mitgemacht, hat immer treu unser Boot gesteuert
und nun machte sie einfach PANG. Sollten wir den Rest der Reise im Zweistundentakt selbst
steuern müssen??? Das zerbrochene Teil müsste geschweißt werden, aber das war hier auf
dem Ozean nicht zu machen. Not macht erfinderisch. Wir legten dem Teil einen Verband aus
Epoxykleber und Mullbinden an, so wie man einen Knochenbruch versorgen würde. Topp! Der
Wind drehte von Ost auf Süd und schob uns immer weiter nördlich. Aber wir konnten wieder
segeln ohne selbst zu steuern. Den Hafen Horta auf der Insel Faial zu erreichen konnten wir
inzwischen vergessen. Was uns sehr unglücklich stimmte, denn wir wollten ja ein Gastspiel beim
Open Air Festival Maravilha geben. Wir werden in Horta spätestens am 5. Juni erwartet. Unser
neuer Kurs hieß jetzt Flores, die nordwestlich gelegenste Insel der Azoren, und an der durften
wir auf keinen Fall vorbeisegeln. Jetzt wurde es richtig spannend. Ein weiteres Tief schickte
uns noch einen Sturmausläufer mit unglaublichen Regengüssen, Blitz und Donner und wieder
richtig bösen Böen auf unseren Weg. Aber wir hielten Kurs und steuerten selbst die ganze
Nacht das Boot hart am Wind. Keinen Grad weiter nördlich gaben wir nach! Das Boot und wir
kämpften tapfer und so kam nach 23 Tagen schemenhaft Land in Sicht. Flores, die schönste
Insel der Azoren versteckte sich fast bis zum Schluss in einer riesigen Wolkenbank. Sie wollte
uns ihre wilde Schönheit, ihre schroffen Felsen mit den ins Meer rauschenden Wasserfällen
nicht zu früh zeigen. An Land wurden wir gleich in den Trubel eines schönen Dorffestes
gezogen. Dort feierten wir uns mächtig selbst und dankten den Leuten insgeheim für so ein
rauschendes Willkommen. Die Glückssträhne hielt an und schon am nächsten Abend konnten wir
weitersegeln. Die Winde standen nun günstig für Horta, wo wir nach weiteren 22 Stunden
schönstem Schönwetter Segelns und insgesamt 2700 gesegelten Seemeilen am 4.6. im Hafen
den Anker fallen ließen. Pünktlich zum Festival!
SET SMILE
Der Autopilot in Reparatur
Glücklich in Horta angekommen
Wir steuern Ost
Schwitzen in der Flaute
Zum Abschluss schönstes Segeln